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10. Dez 23 I Lichterkette gegen Antisemitismus



Gut 6000 Menschen kamen zur Lichterkette und protestierten friedlich gegen Judenhass. Foto: Anne Zegelman

Um ein Licht gegen Antisemitismus anzuzünden, sind viele tausend Menschen am Sonntagabend an den Main gekommen. Sie hielten Kerzen in den Händen, brachten Lichter in Gläsern und Schüsseln mit, leuchteten mit Taschenlampen, schwenkten Fackeln, trugen blinkende Mützen oder entzündeten Osterkerzen und Grablichter. Teilnehmerin Margot Müller hatte sich eine Lichterkette um den Jackenkragen gelegt. „In dieser Zeit ist Zivilcourage gefragt“ sagte sie, „und zwar von jedem und jeder einzelnen.“

Gut 6000 Menschen brachten die 1000 Meter zwischen Eisernem Steg und Ignatz-Bubis-Brücke zum Leuchten. 30 Minuten dauerte die Lichterkette, dabei blieb es friedlich, wie die Polizei, die mit 30 Kräften vor Ort war, anschließend mitteilte – politische Gegenäußerungen blieben aus.  2000 Menschen hätte es gebraucht, um die Lichterkette zu schließen, zum Teil standen die Menschen in Trauben an ihren Plätzen. „Wenn es so weitergeht, reicht die Lichterkette bis nach Offenbach“, scherzte ein Teilnehmer.

„Ich bin sehr glücklich“, erklärte Initiator Prof. Dr. Joachim Valentin, Direktor des Hauses am Dom, der die Lichterkette als Demonstration angemeldet hatte. Mitgetragen wurde sie von allen namhaften Kultureinrichtungen Frankfurts, eine Auflistung ist unter www.niewiederist.jetzt zu finden. „Die Aktion ist nötig wegen des Schweigens in der Kulturszene, wo Solidarität mit den von Judenhass bedrohten jüdischen Menschen in Deutschland hätte sein müssen“, so Valentin. „Es ist die historische Verantwortung der Kulturverantwortlichen als Avantgarde, ihre Rolle als meinungsprägende Stimme wahrzunehmen und sich deutlich zu positionieren.“ Dass dies so deutlich gelungen ist, sei beruhigend, sagte er.


Die Gesellschaft hat verstanden


Viele Teilnehmende lobten, dass es keine Reden gab, sondern nur ein stilles Beisammensein in Solidarität – und anschließend ein ebenso stilles Auseinandergehen. Uwe Becker, ehemaliger Bürgermeister und Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, kam mit der CDU-Stadtverordneten Christina Ringer zur Aktion. „Die Kulturschaffenden repräsentieren einen wirklich großen Teil der Gesellschaft, und sie haben viel zu lange geschwiegen“, sagte er. „Dass diese Lichterkette heute Abend stattfindet zeigt mir, dass die Gesellschaft verstanden hat. Es ist Zeit, sich zu solidarisieren!“

Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Frankfurt, kritisierte, die Kulturszene als solche sei Pro-Palästina und habe daher Probleme, Solidarität mit Israel zu zeigen. Dieser immanente Antisemitismus sei auch anhand der Documenta offenbar geworden, und er zeige sich im Kleinen daran, dass auf Solidaritätsposts auf Social Media nach den Anschlägen der Hamas vom 7. Oktober zunächst kaum jemand reagiert hätte. „Ich bin froh, dass so viele zur Lichterkette gekommen sind, doch die Zahl der Unter-30-Jährigen ist doch gering – vielleicht ist das ein Generationenproblem?“, grübelte er.


Friedliche Stimmung


Prof. Dr. Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt, kam mit einer roten Laterne an den Main und spendete zahlreichen Menschen drumherum Feuer, wenn der Wind ihre Kerzen ausblies. „Ich bin Joachim Valentin sehr dankbar, dass er diese Solidaritätsaktion initiiert hat“, sagte sie. Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich, Vorstandsvorsitzender, Stiftung der Polytechnischen Gesellschaft, verteilte als Ordner Kerzen und Aufkleber mit der Aufschrift „Nie wieder ist jetzt“ und freute sich über die gute, friedliche Stimmung. Dem konnte Susanne Körber, Assistentin der Katholischen Akademie nur zustimmen: „Alle Menschen, die hier mitmachen, sind so freundlich zueinander, man merkt, dass alle für den Frieden hergekommen sind.“ In der Tat war die Stimmung gelöst und entspannt, viele Menschen lachten miteinander und genossen das friedliche Beisammensein für die gute Sache.

Uta Friedlein und ihr Mann waren aus Hofheim nach Frankfurt gefahren, um dabeizusein: „Es war uns sehr wichtig, ein Zeichen zu setzen.“ Auch Gemeindereferentin Barbara Kaltwasser-Flora ist gekommen – „obwohl ich sonst eine Couch-Potato bin, aber jetzt konnte ich einfach nicht mehr sitzenbleiben, sondern musste aufstehen gegen Antisemitismus.“ Adelheid Käberich hatte sich ein Schild umgehängt mit der Aufschrift „Gemeinsam gegen Judenhass – gemeinsam gegen jeden Hass!“. „Hass kann keinen Frieden bringen. Ich möchte mich dafür stark machen, dass alle Menschen aller Religionen so sein dürfen, wie sie sind, denn der Ursprung aller Religionen ist der Frieden.“ Und Jutta Ebeling, ehemalige Bürgermeisterin Frankfurts, sagte zufrieden: „Man braucht sich für diese Stadt nicht zu schämen.“

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