Transportarbeiter am Frankfurter Flughafen, Bankangestellte in den Frankfurter Finanzhäusern – was bewegt sie? Darum ging es beim Ökumenischen Betriebsräteempfang in der Evangelischen Akademie auf dem Römerberg – zumindest in dem Vortrag von Knut Tullius vom Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) Göttingen. Alljährlich laden die evangelische und die die katholische Kirche Frankfurts zu einem solchen Empfang ein. Der Einladung folgten in diesem Jahr rund 50 Gäste, Vertreter:innen des DGB, von Verdi waren dabei, Betriebsräte von Binding, Personalräte aus dem Bankensektor, gewerkschaftlich Engagierte aus dem Flughafenbetrieb, auch aus dem Umfeld der dortigen Ladengeschäfte, nahmen die Einladung an. Die Agentur für Arbeit war vertreten, der Verein Berami, der sich um die berufliche Integration von Frauen kümmert, auch kirchliche Mitarbeitervertretungen. Mit der Ausrichtung wechseln sich die Kirchen ab, in diesem Jahr war das Evangelische Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach verantwortlich. Holger Kamlah, evangelischer Stadtdekan, ist der Auffassung: „Kirche und Betriebsräte haben die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen im Blick. Beide schauen mit unterschiedlichem Fokus darauf. Umso wichtiger, dass man im Dialog ist über das, was den Menschen dient.“ Sein katholischer Amtskollege Johannes zu Eltz äußert: „Transformation ist planvoller Gestaltwandel. Die Gestalt bringt das Wesen einer Sache zum Ausdruck. Transformation soll dem Sinn der Sache dienen, sie ist kein Selbstzweck. Transformation in der Wirtschaft muss im Auge behalten, dass Sinn und Zweck der Wirtschaft keine Sache ist, sondern der Mensch." Bundesweit schaut das Göttinger Forschungsinstitut auf „Mentalitäten des Umbruchs“, für die beiden in Frankfurt beobachteten Branchen kam der Referent bei dem Betriebsräteempfang zu folgenden Mentalitätsmustern: Expertise, Solidität seien angestrebte Werte in den Banken, bei den Transportarbeitern am Flughafen bestimmten „Leistungsstolz und Existenzsicherung“ das Lebensgefühl. Beide Berufsgruppen, Bankangestellte und Transportarbeiter, leiteten Lebensziele zentral aus der Familie ab, berichtete Tullius in seinem Vortrag. Bei den Flughafenarbeitern, gehe es um: Sicherung der eigenen Arbeitsfähigkeit und der Familien-Existenz, die Zukunft der Kinder sei zentral. Hinsichtlich der in den Banken Beschäftigten formulierte der Referent als Lebensziele: „Harmonisches Familienleben, Zukunft der Kinder sicherstellen:“ Die sähen sie eher nicht in ihrer Branche, die früher dort empfundene Sicherheit sei dahin.
Die Stimmungslage im Bankenbereich brachte Tullius in seiner Zusammenfassung auf den Nenner „Irritierte Stabilität“. Veränderungen wie Digitalisierung, Globalisierung, Homeoffice ließen gewohnte Stabilität ins Wanken geraten. KI bringe die gefühlte Stabilität weiter ins Wanken, betonte eine Bankenmitarbeiterin bei dem Empfang. Für die Transportarbeiter formulierte Tullius als gegenwärtiges Lebensgefühl: „Bedrohte Existenz“. Auf die Frage, woraus sich Hoffnung gewinnen lasse, äußerte der Sozialwissenschaftler: In diesen, aber auch in anderen Arbeitsfeldern seien die Menschen, „ja durchaus umbruchserfahren beziehungsweise erfahrungsstark“. Neben eigenen Anpassungsleistungen, brauche es „kollektive Anstrengungen – hier kommen die Gewerkschaften und betrieblichen Interessenvertretungen ins Spiel“. Gunter Volz, Pfarrer für gesellschaftliche Verantwortung im Evangelischen Stadtdekanat, legt Wert darauf, dass diese Empfänge eingebunden sind in weitere Aktivitäten. Er sagt: „Auch angesichts der von den Transportarbeitern am Flughafen beklagten Zerstörung des Sozialen in Betrieben und Gesellschaft, stehen Kirchen und Gewerkschaften vor großen Herausforderungen.“ Rund ums Jahr pflegt er, wie auch die katholische Seite, Kontakte zu Betriebsräten. Es wird versucht, oft auch gemeinsam, Räume zu schaffen, für Austausch und neue Perspektiven Einzelner und von Berufsgruppen. Die ökumenische Flughafenseelsorge steht in persönlichen Krisensituationen zur Verfügung – da geht es nicht selten auch um Sorgen am Arbeitsplatz. Eine ökumenisch und in Zusammenarbeit mit dem DGB getragene Mobbing-Kontaktstelle gibt es in Frankfurt. An sie können sich Menschen individuell telefonisch wenden, zudem bietet die Kontaktstelle einen Gesprächskreis an.
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