Eigentlich ist Emilia Herden als Familienbildungsreferentin angestellt. Doch mit Ausbruch der Pandemie ist sie mal eben zur „Influencerin“ der Katholischen Familienbildung Frankfurt auf Social Media geworden. Und zwar im besten Sinne: Unter dem Account hallo_familie_ postet sie bunte Fotos, Veranstaltungshinweise und Tipps für Eltern auf Instagram – und hat innerhalb weniger Monate fast 800 Abonnenten gewinnen können. Und auch die YouTube-Videos auf dem Kanal der FBS, die im mittlerweile eingerichteten Studio gefilmt werden und die zu Spielen und Bewegung animieren, haben Klickzahlen, die sich sehen lassen können.
Wie viele andere hat auch die Katholische Familienbildung mit Sitz im Nordwest-Zentrum die Pandemie als ein Digitalisierungsschub genutzt. Und damit beste Erfahrungen gemacht: „Wir erreichen über Social Media auch Familien, die ansonsten vielleicht nicht unbedingt zu uns gekommen wären“, sagt die pädagogische Leitung Sigrid Kemler. Familien, die in der Corona-Zeit stark belastet waren - und für die die Angebote zur gemeinsamen Zeit nahezu lebensnotwendig wurden.
Statt Gram lieber Instagram
Besonders stolz sind Sigrid Kemler und ihr Team darauf, dass sie all die Zeit hindurch, auch im tiefsten Lockdown, immer in Kontakt zu „ihren“ Familien geblieben sind. Auch in den nunmehr zweiten Sommerferien der Pandemie, in der die Familienbildung anders als sonst auf eine Pause verzichtete und ein durchgehendes Programm angeboten hat. „Da sind wir unserer Leitfrage ,Was brauchen Familien?‘ treu geblieben“, so Kemler nachdenklich. Denn nach monatelang geschlossenen Betreuungsangeboten und Schulen erschienen die langen Ferien vielen Eltern als erneute Belastung.
Am Anfang der Pandemie schaffte die FBS einen guten und schnellen Übergang ins Digitale. „Im Grunde haben wir alle unsere Angebote ab Mitte März 2020 ins Netz verlagert“, erklärt sie. In dieser Zeit und auch sonst habe die Familienbildung sich von der Stadt Frankfurt hervorragend unterstützt gefühlt. „Man hat uns großes Vertrauen entgegengebracht und uns machen lassen“, sagt die Leiterin.
Expertinnen beraten andere
Als eine der ersten Familienbildungsstätten begannen die Frankfurter, Videoprogramme wie Zoom für Kurse zu nutzen. Kurse für Eltern und Kinder gemeinsam, Beratungsgespräche oder ein Austausch nur für die Eltern – „wir haben fast alle unsere Angebote ins Digitale umwandeln können“, so Sigrid Kemler.
Für die Kursleitung bedeutete das, in den mit bis zu 35 Erwachsenen und ebenso vielen Kindern sehr wuseligen Zoom-Räumen den Überblick zu behalten. „Am Anfang hat man sich da manchmal gefühlt wie eine Animateurin auf Mallorca“, berichtet Emilia Herden ehrlich. Doch sie und ihre Kolleginnen hätten schnell dazugelernt. „Bei digitalen Familienangeboten muss der Fokus weniger auf der Gruppe und mehr auf der einzelnen Eltern-Kind-Bindung liegen“, war eine der Erfahrungen aus den ersten Zoom-Kursen. Heute wissen Emilia Herden und ihre Kolleginnen: Die ideale Größe eines Zooms seien acht bis zehn Eltern, bei mehr Teilnehmenden wird es unübersichtlich.
Doch die FBS Frankfurt behielt ihren neuen Erfahrungsschatz nicht für sich, sondern gab das Wissen weiter. Denn von dem, was sie durch Ausprobieren lernen konnten, sollten auch andere profitieren dürfen: „Unsere Referentinnen wurden deutschlandweit angefragt, um bei anderen Familienbildungsstätten über ihre Erfahrungen mit digitalen Angeboten zu berichten“, so Sigrid Kemler.
Gute Vorbereitung auf den digitalen Elternabend
Für die eigene Arbeit war dem Team wichtig, die Angebote möglichst niedrigschwellig zu halten, da zum Beispiel nicht jede Familie einen Computer oder Laptop besitzt. So habe es zum Beispiel immer auch telefonische Sprechzeiten gegeben. „Und die meisten Eltern sind auch mit dem Handy in unsere Zooms gekommen“, berichtet die Familienbildungsreferentin. Das hatte noch einen weiteren Vorteil: „Mit unseren Angeboten haben wir so manchem beim Schritt in die digitale Welt geholfen. Digitale Elternabende oder andere internetbasierte Bildungsangebote sind nun kein Problem mehr.“
Für die, die sich nur ungern mit digitalen Fragen beschäftigen, schuf das Team der FBS Anreize – zum Beispiel in Form eines Kinder-Kochkurses in der Kita, bei dem die Eltern per Video dabei sein konnten. Da habe dann doch der ein oder andere, der vorher nicht ganz so begeistert digital unterwegs gewesen sei, es mal ausprobiert und gute Erfahrungen gemacht.
Und noch einen weiteren Vorteil bemerkte das Team der Katholischen Familienbildung, deren Projekte von der Stadt Frankfurt, dem Bistum Limburg, der Caritas und der Stiftung Polytechnische Gesellschaft getragen werden: Für einige Eltern sei es hilfreich, dass man auf Social Media eher anonym bleiben kann. So erreichen das Team immer wieder auch inhaltliche Fragen über Instagram.
Nach einem offenen Sommer und Herbst 2020 wurden die Angebote der FBS im Dezember 2020 einmal mehr ins Digitale verlagert. Und nach draußen, denn Eins-zu-Eins-Beratungsspaziergänge seien immer möglich gewesen, erzählt Sigrid Kemler. Auch über den jetzigen Sommer haben zahlreiche Angebote und Treffs draußen stattgefunden. Nun ziehen die Gruppen ab 1. Oktober wieder in die Innenräume von Kooperationspartnern und in den Tituscorso. Auf den Herbst und Winter ist die Familienbildung so gut vorbereitet, wie es eben geht. So wurden im Vorfeld Luftfilter für die Familienbildungsstätte angeschafft, außerdem setzt man natürlich auf Abstand und die 3G-Regelung.
Wo es wieder möglich sei, wolle man auch künftig nicht auf die persönliche Begegnung verzichten. „Aber die digitale Säule wird uns ganz klar bleiben“, ist Sigrid Kemler überzeugt.
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