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3. Dez 23 I Auftakt einer vorweihnachtlichen Zeit der Besinnung



Performance von Hartmut Volle - aufmerksam in der ersten Reihe:, v.li. Turgut Yüksel, SPD-Landtagsabgeordneter, der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz, Propst Oliver Albrecht, der evangelische Stadtdekan Holger Kamlah, Präses Irmela von Schenck, Prodekanin Amina Bruch-Cincar Foto: Rolf Oeser

In der evangelischen und katholischen Kirche gehen die Kalender anders, zumindest der Wechsel des Kirchenjahrs fällt nicht auf den 1. Januar, sondern auf den ersten Advent. Traditionell lädt die Evangelische Kirche von Frankfurt und Offenbach an diesem Tag zu einem Neujahrsempfang ein. Rund 150 Gäste aus Politik, Gesellschaft und religiösem Leben beider Städte folgten gestern der Einladung in die Heiliggeistkirche am Frankfurter Dominikanerkloster und erlebten einen festlich illuminierten Abend bei dem es um das faustische Ringen um Gut und Böse ging.

Präses Irmela von Schenck, oberste Ehrenamtliche der hiesigen evangelischen Kirche, sagte in ihrer Begrüßung, die Herausforderung durch diese Pole sei „ein Thema, das die Menschheit immer wieder mit Fragen begleitet. Jede und jeden Einzelnen.“ Als der Schwerpunkt „Gut-Böse“ und die Faust-Performance des Schauspielerpaars Hartmut Volle und Andrea Wolf im Sommer ausgewählt worden sei, habe man den Ukrainekrieg vor Augen gehabt, berichtete Stadtdekan Holger Kamlah in seiner Ansprache. Der Anschlag der Hamas am 7. Oktober in Israel, der sich darin ausdrückende „brennendheiße Hass“, habe nachdrücklich die Fähigkeit des Menschen zum Bösen vor Augen geführt. Kamlah nannte noch ein weiteres Beispiel, eine unlängst in Darmstadt von einem 15-Jährigen verübte Tat: Unterstützt von seinem älteren Bruder trat dieser dermaßen auf einen Obdachlosen ein, dass der Mann verstarb – dabei ließ der Jugendliche sich filmen.

Der Heranwachsende werde angeklagt und hoffentlich werde sich seiner nicht nur juristisch angenommen, so Kamlah. Die Hamas werde hoffentlich zerstört und für Israel und Palästina gebe es hoffentlich eine Perspektive, die Ukraine kann sich – hoffentlich – weiter gegen die Aggression Russlands verteidigen, so Kamlah. Zugegebenermaßen sei das ein weiter Bogen, äußerte Kamlah. Aber in allen Fällen geht es um das Böse zu dem Menschen fähig sind.

„Der christliche Glaube hat die Kategorie des Bösen in seine Grunddokumente eingeschrieben“, sagte der evangelische Stadtdekan in seiner Ansprache und verwies auf das Vaterunser, in dem es heißt „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Weil der Mensch gegen das Böse nicht bestehe, wende er sich an Gott. Doch auch dieses Gebet verhinderte nicht, dass Protagonisten dem entgegenhandelten. Der Glaubwürdigkeit habe das nicht gutgetan, dabei sei die „vollkommen zu Recht – unsere letzte verbliebene Währung“, befand Kamlah.

Die erste Kerze brannte in der Heiliggeistkirche auf dem Kranz im Altarraum, Kerzenlichter und Gestecke schmückten die Tische, an denen sich die Gäste später zum Stehempfang und Austausch einfanden. Aber der erste Advent ist eben nicht nur Kerzenschein und Tannenduft, sondern auch Auftakt einer Zeit der Besinnung. Die Adventszeit habe einiges mit der Passionszeit gemeinsam, rief Kamlah in Erinnerung. An Weihnachten und erst dann wird die Geburt Christi gefeiert, die Botschaft, dass Gott bei den Menschen ist.

Der Propst für Rhein-Main Oliver Albrecht sagte, der menschenliebende Christus komme mit „weit aufgerissenen Armen auf uns zu“. Er sagte zu dem Thema menschliche Verantwortung und Herausforderungen, auch durch Gut und Böse: „Es kommt in Gottes Namen auf uns an.“

Zu den Gästen, die sich in der Heiliggeistkirche einfanden, zählten Elke Voitl, Dezernentin für Soziales und Gesundheit und Bastian Bergerhoff, Dezernent für Finanzen, Beteiligungen und Personal, der auch für Dotationskirchen zuständig ist. Der Frankfurter SPD-Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel war dabei sowie auch seine aus Offenbach stammende Landtagskollegin Nadine Gersberg. Der katholische Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz nahm teil an dem Neujahrsempfang und der leitende Pfarrer des katholischen Pastoralraums Offenbach Andreas Puckel. Die Kantorin der Jüdischen Gemeinde, Leah Frey-Rabine war dabei, die aus der Jüdischen Gemeinde kommende Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Petra Kunik ebenfalls.

Sie alle erlebten eine eindrückliche Faust-Performance des Ehepaars Hartmut Volle und Andrea Wolf sowie des Organisten Frank Hoffmann. Aus dem Dunkel trat Volle, bekannt aus dem Saarbrücker Tatort oder seit einigen Jahren als Rentnercop in der ARD, in den Kirchraum. Im schwarzen Gehrock deklamierte er Bekanntes aus dem Goethewerk, aber nur einzelne Zeilen. Vielmehr ließ Volle in der Performance Faustisches aufscheinen, und einen Blick auf diesen Einsamen werfen. Säße Faust heute vielleicht in einem der Frankfurter Hochhausquartiere aus den Siebzigern, mit sich allein am Computer, umgeben von Pizzakartons? Ringen zwischen Gut und Böse ist zeitlos.

Andrea Wolf, die zum Beispiel für die Krimisendung „Ein Fall für zwei“ vor der Kamera und im Fritz- Rémond-Theater auf der Bühne stand, meldete sich aus dem Off, trat aber auch mit Ausschnitten aus der Gretchenrolle auf, dazu gehörte die legendäre Frage an Faust, wie hältst du es mit der Religion?

Die Eheleute sind Faustkenner, mit Lesungen und Darbietungen haben sie die Figur in Schulen vorgestellt. Volle spielte auf Bühnen sowohl den Mephisto als auch den Faust. Bei seinem Auftritt in der Heiliggeistkirche changierte seine Rolle. Der Pfarrerssohn meinte danach, „Faust, Mephisto, Conferencier und einer von allen“ sei sein Part gewesen. Und auch als Kirchenvorstandsmitglied der Eschersheimer Andreasgemeinde sei er mit dabei gewesen bei diesem Neujahrsempfang der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach.

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